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Gesetzliche Grundlagen des Ausländerbeirats
Durch dir Novellierung der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) zum 1. April 1993 ist der Ausländerbeirat ein zwingend vorgeschriebenes Gremium innerhalb der kommunalen Körperschaften, wenn in der jeweiligen Gemeinde mehr als 1.000 ausländische Einwohnerinnen und Einwohner gemeldet sind. Zu diesem Personenkreis zählen nach § 84 HGO auch Staatenlose. Angehörige von Streitkräften der NATO oder das Personal von Botschaften und Konsulaten gehören aber nicht dazu, weil diese nicht meldepflichtig sind und somit auch keiner Aufenthaltsgenehmigung bedürfen. Ebenfalls sind Personen, die im Rahmen eines Besuchsaufenthaltes länger als drei Monate hier leben, vom Wahlrecht ausgeschlossen, weil diese hier keinen Hauptwohnsitz begründen.
Asylbewerber in einer Erstaufnahmeeinrichtung des Landes sind ebenfalls keine ausländischen Einwohner der Gemeinde, weil sie erst dann meldepflichtig werden, wenn sie in einer kommunalen Gemeinschaftsunterkunft untergebracht sind.
Asylbewerber/innen, die seit mehr als drei Monaten in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind, können wählen, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben, am Wahltag seit mindestens drei Monaten am Ort bzw. im Kreis mit Hauptwohnsitz gemeldet sind und ins Wählerverzeichnis eingetragen sind. Grundlagen sind die vom Hessischen Statistischen Landesamt veröffentlichten Einwohnerzahlen.
Kommunen mit weniger als 1.000 ausländischen Einwohnerinnen und Einwohnern werden nicht daran gehindert, ebenfalls einen Ausländerbeirat ins Leben zu rufen. Diese haben die Möglichkeit im Rahmen ihres Satzungsrechts (§ 5 HGO), einen Ausländerbeirat auf freiwilliger Basis wählen zu lassen. In diesen Fällen gelten auch die Vorschriften der §§ 84 bis 88 HGO.
Ziel ist es, allen Personen, die aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, die Möglichkeit zu geben, ein Gremium zu wählen, das ihre Interessen vertritt. Ebenso sollten unterhalb der Schwelle des Wahlrechts eine Mitsprachemöglichkeit für Nichtwahlberechtigte geschaffen werden.
Zwar haben seit 22.12.1995 auch Unionsbürgerinnen und –bürger die Möglichkeit, sich an Kommunalwahlen zu beteiligen, sie sind aber dennoch weiterhin berechtigt, auch an den Ausländerbeiratswahlen teilzunehmen. Die hessischen Ausländerbeiräte traten schon frühzeitig für eine weitere Beteiligungsmöglichkeit der EU-Bürger in den Ausländerbeiräten ein, denn diese bleiben trotz Wahlrecht Ausländer und unterliegen immer noch vielen ausländerrechtlichen Bestimmungen. Außerdem gibt es weitere Beispiele dafür, dass sich verschiedene Gruppen von der Politik vernachlässigt fühlen, obwohl sie über das Wahlrecht verfügen. Wie sonst wäre die Einrichtung von demokratisch gewählten Senioren- oder Behindertenbeiräten zu verstehen.
Durch § 85 HGO ist den Gemeinden ein Rahmen gegeben, in dem sie festlegen können, wie viele Mitglieder der Ausländerbeirat haben soll: Der Ausländerbeirat hat mindestens drei, höchstens 37 Mitglieder. Die Anzahl ist in der Hauptsatzung, in der die wichtigsten Angelegenheiten der Gemeinde geregelt sind, zu verankern. Die hier genannte Mindestzahl von drei Mitgliedern des Ausländerbeirates ist sehr gering bemessen und für die praktische Arbeit eigentlich unrealistisch. Hiermit kann keine vernünftige Arbeit geleistet werden, denn die Betätigungsfelder des Ausländerbeirates umfassen alle Bereiche der gemeindlichen Zuständigkeit. Als Richtschnur für die Größe eines Ausländerbeirates könnte § 38 HGO dienen, der die Anzahl der Gemeindevertreter festlegt.
Ebenfalls in der Hauptsatzung muss geregelt sein, ob eine Gemeinde die Briefwahl zulässt. Diese ist nämlich nach den Bestimmungen der HGO nicht zwingend vorgeschrieben.
Die Wahlen finden nach den Bestimmungen des Hessischen Kommunalwahlgesetztes (KWG) und der hierzu ergangenen Verordnungen statt. Das bedeutet, dass nun die Gemeinden, anders als in der Vergangenheit, keine eigenen Wahlordnungen mehr beschließen können. Die Ausländerbeiratswahlen finden also in Hessen nach den gleichen Prinzipen wie die Wahlen der Gemeindevertretung und zu den Ortsbeiräten statt.
Aufgaben und Befugnisse
Die Aufgaben und Befugnisse des Ausländerbeirates sind in § 88 HGO beschrieben. Hier hat es in der Anlaufphase nach den Wahlen die meisten Unstimmigkeiten zwischen den Beiräten einerseits und der Aufsichtsbehörde (Regierungspräsident) und den Kommunen andererseits gegeben.
§ 88 Abs. 1 Satz 1 lautet:
Der Ausländerbeirat vertritt die Interessen der ausländischen Einwohner der Gemeinde.
Dies macht deutlich, dass der Ausländerbeirat die Interessen aller Ausländer vertritt, auch wenn diese nicht im Zuständigkeitsbereich der Gemeinde liegen. Dies war einer der Streitpunkte. Von einer hessischen Kommune wurde dies so ausgelegt, dass der Ausländerbeirat nur in den Bereichen tätig werden kann, für die sie selbst zuständig ist. Hätte dies der Gesetzgeber so gewollt, wäre formuliert worden, dass „... der Ausländerbeirat die Interessen der ausländischen Einwohner gegenüber der Gemeinde vertritt.“
Die Formulierung des § 88 HGO gibt den Ausländerbeiräten das Recht, auch mit anderen Verwaltungen und Institutionen zu sprechen, wenn die Interessen der ausländischen Einwohner der Gemeinde tangiert sind. Gespräche mit der Arbeitsverwaltung, der Kreisbehörde, der Handwerkskammer, Industrie- und Handelskammer, oder dem Staatlichen Schulamt – um nur eine kleine Auswahl zu nennen – sind bei den seit Jahren bestehenden Ausländerbeiräten gang und gäbe.
§ 88 Abs. 1. Satz 2 lautet:
Er berät die Organe der Gemeinde in allen Angelegenheiten, die ausländische Einwohner betreffen.
Hieran wird deutlich, dass er lediglich ein Beratungsorgan der Gemeinde darstellt. Der Ausländerbeirat kann – juristisch betrachtet – lediglich mit Empfehlungen versuchen, seine Vorstellungen durchzusetzen. Er selbst kann keine Beschlüsse fassen, die in irgendeiner Form Rechtskraft erlangen – mit Ausnahme seiner eigenen Geschäftsordnung.
Die Beratungstätigkeit umfasst alle Angelegenheiten, die ausländische Einwohner betreffen. Da die Kommunen aber im Wesentlichen für die Daseinsvorsorge ihrer Bewohner zuständig sind, gibt es kaum einen Beschluss, von dem nicht auch die ausländische Bevölkerung betroffen ist.
§ 88 Abs. 2 Satz 1 und 2 lautet:
Der Gemeindevorstand hat den Ausländerbeirat rechtzeitig über alle Angelegenheiten zu unterrichten, deren Kenntnis zur Erledigung seiner Aufgaben erforderlich ist. Der Ausländerbeirat hat ein Vorschlagsrecht in allen Angelegenheiten, die ausländische Einwohner betreffen.
Der Gemeindevorstand bzw. der Magistrat muss den Ausländerbeirat rechtzeitig informieren. Die Information kann schriftlich oder mündlich, auch durch einen Bediensteten der Gemeinde, erfolgen. Was unter „rechtzeitig“ zu verstehen ist, wurde nicht festgelegt. Es handelt sich hierbei um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in jedem Einzelfall neu definiert werden muss. Für eine einfache Angelegenheit kann eine Frist von wenigen Tagen als rechtzeitig angesehen werden, während für eine sehr umfangreiche und schwierige Materie eine Frist von mehreren Wochen rechtzeitig sein kann. Im Streitfall müsste das zuständige Verwaltungsgericht entscheiden, ob eine Information so rechtzeitig erfolgte, dass sich der Ausländerbeirat auch in einem angemessenen Zeitrahmen mit der Angelegenheit beschäftigen und eine Stellungnahme abgeben oder einen Vorschlag unterbreiten konnte, bevor das zuständige Gemeindeorgan beschließt. Ähnlich wie bei § 88 Abs. 1 Satz 2 bezieht sich das Vorschlagsrecht auch auf fast alle Bereiche gemeindlicher Tätigkeit.
§ 88 Abs. 2 Satz 3 lautet:
Der Ausländerbeirat ist in allen wichtigen Angelegenheiten, die ausländische Einwohner betreffen, zu hören.
Entscheidende Bedeutung kommt hierbei dem Wort „wichtigen“ zu. Auch dies ist ein so genannter unbestimmter Rechtsbegriff, der nirgends ausformuliert ist. Hier sollte der Ausländerbeirat in Gesprächen mit dem Gemeindevorstand bzw. dem Magistrat und dem Vorsitzenden der Gemeindevertretung bzw. Stadtverordnetenvorsteher klare Regelungen vereinbaren, die auch wieder in die örtliche Ausländerbeiratssatzung aufgenommen werden sollten. Kommt keine Einigung zustande, müsste lediglich auch wieder das Verwaltungsgericht eine am Einzelfall orientierte Entscheidung fällen. Eine gleichlautende Formulierung gibt es im § 82 Abs. 3 bei der Aufgabenbeschreibung der Ortsbeiräte. Hier hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof am 30.06.1977 in einem Streitfall entschieden, dass der Begriff „wichtige Angelegenheit“ weit auszulegen ist, damit dem Willen des Gesetzgebers, eine möglichst umfassende Vertretung zu schaffen, auch entsprochen wird.
§ 88 Abs. 2 Satz 4 lautet:
Gemeindevertretung und Gemeindevorstand können, Ausschüsse der Gemeindevertretung müssen in ihren Sitzungen den Ausländerbeirat zu den Tagesordnungspunkten hören, die Interessen der ausländischen Einwohner berühren.
Für Gemeindevorstand und Gemeindevertretung besteht keine Verpflichtung, den Ausländerbeirat zu hören. Wenn diese Gremien bzw. die Personen, die diesen vorsitzen, zu der Überzeugung gelangen, dass es für ihre Entscheidungen hilfreich sein kann, den Ausländerbeirat zu hören, wird man dies auch tun. Hierzu müssen die gewählten Ausländervertreter aber nachweisen, dass sie in der Lage sind, eine kontinuierliche Arbeit zu leisten und einen vernünftigen Umgang mit den Gemeindeorganen zu pflegen, ohne dass sie die Interessenvertretung der ausländischen Bevölkerung aus den Augen verlieren. Hierauf kommt es vor allen in der Anfangsphase nach einer Wahl an. Wenn sich ein Vertrauen zwischen Ausländerbeirat und anderen Gemeindeorganen aufgebaut hat, wird es der Ausländerbeirat langfristig leichter haben, seine Vorstellungen zum Wohle seiner Wähler durchzusetzen. Dies bedeutet aber nicht, dass der Ausländerbeirat nur dann tätig werden darf, wenn er von den Gemeindeorganen dazu aufgefordert wird. Als die Interessenvertretung der ausländischen Bevölkerung in der Gemeinde bzw. Stadt kann er auch in Eigeninitiative tätig werden und von sich aus Vorschläge und Anregungen an das jeweilige Gemeindeorgan richten.
Der Ausländerbeirat hat das Recht, die Organe der Gemeinde in allen Angelegenheiten, die ausländische Einwohner betreffen, zu beraten. Dies ist nicht auf wichtige Angelegenheiten beschränkt, sondern es reicht aus, wenn sie von den Entscheidungen der Gemeinde betroffen sind. In diesem Fall muss die Gemeinde nicht auf den Ausländerbeirat zugehen, hier ist seine Eigeninitiative gefragt. Andererseits werden die Ausschüsse der Gemeindevertretung vom Gesetzgeber verpflichtet den Ausländerbeirat anzuhören, wenn Interessen der ausländischen Einwohner berührt werden. Hier ist der Ausschuss verpflichtet, den Ausländerbeirat rechtzeitig zu unterrichten. Versäumt es ein Ausschuss, den Ausländerbeirat zu hören, kann ein entsprechender Beschluss – sowohl des Ausschusses selbst als auch der Gemeindevertretung – unwirksam sein, wenn der Ausländerbeirat den Klageweg bis zum Verwaltungsgericht beschreitet.
Allerdings muss der Ausländerbeirat die ihm gesetzlich eingeräumte Möglichkeit der Anhörung auch tatsächlich wahrnehmen. Tut er dies nicht, kann er auch später einen Beschluss nicht mehr anfechten. Ein Ausschuss kommt der Verpflichtung nach, wenn der Ausschussvorsitzende die Tagesordnung rechtzeitig an den Ausländerbeirat sendet. In einem Schreiben des Hessischen Innenministeriums an die AGAH vom 20.06.1994 ist noch einmal darauf hingewiesen worden, dass dem Vertreter des Ausländerbeirats in den Ausschusssitzungen das Wort zu erteilen ist, wenn Angelegenheiten beraten werden, die die ausländische Bevölkerung berühren. Dies gilt auch für nichtöffentliche Sitzungen.
In der Praxis hat es sich als sinnvoll erwiesen, in jeden Ausschuss, ein Mitglied des Ausländerbeirates zu berufen. Es gehört diesem Gremium mit beratender Stimme an und erhält sämtliche Tagungsunterlagen. Damit ist dann der jeweilige Ausschuss auch seiner Verpflichtung nachgekommen, den Ausländerbeirat zu hören, was für die Arbeit des Ausländerbeirates nicht ganz unproblematisch ist. Es liegt nun an dem Mitglied im Ausschuss, den Beirat zu vertreten. Dies ist dann einfach, wenn der Ausländerbeirat sich schon abschließend mit dem zur Beratung anstehenden Thema beschäftigt hat. Schwierig wird es dann, wenn dies noch nicht geschehen ist oder innerhalb des Ausländerbeirates große Meinungsunterschiede zu bestimmten Punkten bestehen. In diesem Fall kann sich für das ausländische Ausschussmitglied eine prekäre Situation ergeben. Gibt es dann eine zustimmende Erklärung ab, so hat man zwar die Sympathie der Gemeindevertreter, kann aber einen Vertrauensverlust des gesamten Ausländerbeirats erleiden. In solchen Fällen ist es dann legitim, wenn der Vertreter des Ausländerbeirates den Ausschuss um Vertagung bittet, um den gewählten Ausländervertretern in einer angemessenen Frist die Möglichkeit zu geben, sich eine einheitliche bzw. eine Mehrheitsmeinung zu bilden. Im Laufe der Zeit sind viele schon seit Jahren bestehende Ausländerbeiräte dazu übergegangen, eigene Fachausschüsse oder Arbeitsgruppen zu bestimmten Tätigkeitsbereichen zu bilden. Beispiele hierfür: Arbeitsgruppen für die Themen Schule, Jugend und Sport, Frauen, Kunst und Kultur oder Asyl. Die Leiter dieser Gremien sind dann aufgrund des erworbenen Fachwissens sehr geeignet, in den jeweiligen Ausschüssen oder – sofern diese Möglichkeit von der Kommune eingeräumt wurde – in den Kommissionen den Ausländerbeirat zu vertreten.
§ 88 Abs. 3 lautet:
Dem Ausländerbeirat sind die zur Erledigung seiner Aufgaben erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen.
Was „erforderliche Mittel“ sind, richtet sich zunächst nach dem Ermessen des Gemeindevorstandes. Es gibt Gemeinden in Hessen, die der Einrichtung eines Ausländerbeirates sehr skeptisch gegenüberstanden und die gesetzliche Regelung der HGO als unangemessenen Zwang und einen Eingriff in die Kommunale Selbstverwaltung angesehen haben. Hier ist es dann naturgemäß sehr schwierig deutlich zu machen, dass erforderliche Mittel mehr sind als nur ein Tagungsraum, Briefbögen, Umschläge, Porto und Kugelschreiber. Auch hier muss der Ausländerbeirat erst durch seine Arbeit Vertrauen aufbauen, damit die Skepsis reduziert wird.
Erforderliche Mittel richten sich zum einen nach der Gemeindegröße und zum anderen nach der Ausstattung der anderen Büros. In kleineren Gemeinden kann es genügen, dem Ausländerbeirat einen Büroraum mit Mobiliar und Computer zur Verfügung zu stellen, darüber hinaus Teilzeitpersonal für eine Geschäftsführung und die Erledigung des Schriftwechsels. In größeren Städten wir dies nicht ausreichen. Hier ist festangestelltes Personal in einer separaten Geschäftsstelle notwendig, damit der Ausländerbeirat seinen Aufgaben auch nachkommen kann. Je intensiver die Mitglieder des Ausländerbeirates ihre Aufgaben erfüllen, umso mehr wächst der Arbeitsaufwand in einer Geschäftsstelle im Laufe der Zeit. Je länger ein Ausländerbeirat besteht, desto vielfältiger werden die Arbeitsbereiche. Dies bedeutet dann auch, dass die innere Organisation der Geschäftsstelle laufend Veränderungen unterworfen ist.
Die HGO stellt bezüglich der Aufgaben und Befugnisse der Ausländerbeiräte nur eine Basis dar. Jede Kommune kann im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten unterhalb der Schwelle des Wahlrechts ihrem Beirat größere Rechte einräumen. Sie kann ihm die Möglichkeit geben, ausländische Bürger als sachkundige Einwohner in die Kommissionen nach § 72 HGO zu benennen oder ausländische Einwohner in die Ortsbeiräte zu entsenden. Auch die Mitsprache in Aufsichtsgremien gemeindeeigener Betriebe (wie beispielsweise Verkehrsbetriebe oder Wohnungsbaugesellschaften) ist möglich. Dies kann die Gemeinde ebenfalls in der Satzung festlegen.
Im November 1993 erließ der Regierungspräsident Darmstadt eine Rundverfügung, die die in seinem Zuständigkeitsbereich befindlichen Kommunen und Landkreise darüber unterrichtete, dass § 88 HGO die Aufgaben und Befugnisse der Ausländerbeiräte abschließend regelt und dass Ausländerbeiräte keine eigene Öffentlichkeitsarbeit leisten dürfen. Dieser Rundverfügung ist mit Erlass des Hessischen Innenministers vom 24.03.1994 widersprochen worden. Hierin wird noch einmal deutlich gemacht, dass die Gemeinden die Möglichkeit haben, den Ausländerbeiräten weitgehende Rechte – wie oben beschrieben – zuzugestehen und dies in Form einer Satzung festzulegen.
Auch die Möglichkeit einer eigenständigen Öffentlichkeitsarbeit der Ausländerbeiräte wird in diesem Erlass geregelt. Sie sollen diesbezüglich die gleichen Rechte wie Ortsbeiräte oder Fraktionen haben. Wie dies umzusetzen ist, regelt sich nach den bestehenden örtlichen Gegebenheiten. Da aber zumindest die Fraktionen überall eigene Öffentlichkeitsarbeit betreiben, muss dies letztlich auch dem Ausländerbeirat zugestanden werden.
Arbeitsweise und Geschäftsgang
Die Beschlüsse des Ausländerbeirates werden in der Regel an den Gemeindevorstand weitergeleitet. Es kommt also darauf an, schon im Vorfeld dessen Meinung auszuloten, um dann ggf. Überzeugungsarbeit zu leisten. Gleiches gilt, wenn die Forderungen des Ausländerbeirates die Zuständigkeiten der Gemeindevertretung berühren. Auch hier muss mit den Gemeindevertretern oder den Fraktionen regelmäßig persönlicher Kontakt gepflegt werden, damit die Wünsche und Forderungen des Ausländerbeirates deutlich werden. Es ist ein wesentlicher Unterschied, ob ein Gemeindevertreter diese in Form einer schriftlichen Mitteilung erhält, oder ob er in Gesprächen von der Notwendigkeit der Umsetzung der Beschlüsse im Vorfeld überzeugt wird.
Es hat sich als sinnvoll erwiesen, Gemeindevertreter als Gäste zu den Sitzungen des Ausländerbeirates einzuladen. Hier können sie am ehesten die Wichtigkeit bestimmter Wünsche und Anregungen erkennen.
Den mangelnden juristischen Möglichkeiten der Umsetzung von Beschlüssen des Ausländerbeirates müssen politische Mittel entgegengesetzt werden. Kluge politische Köpfe an der Spitze des Beirates sind ein Garant dafür, dass sich viele Vorstellungen auch verwirklichen lassen.
Sollte sich die Situation ergeben, dass berechtigte Forderungen des Ausländerbeirats von den Gemeindeorganen nicht übernommen werden, so muss eine verstärkte Diskussion in der Öffentlichkeit beginnen. Auch die Inanspruchnahme der Presse hat sich in vielen Fällen als hilfreich erwiesen.
Am Ende einer Wahlperiode wird auch der Ausländerbeirat daran gemessen, was er erreicht hat. Dies sollte bei allem Widerstand, der dem Gremium möglicherweise entgegengebracht wird, nicht aus den Augen verloren werden.
In der Vergangenheit sind die Ausländerbeiräte von der Kommune eingerichtet worden, weil die Notwendigkeit erkannt wurde. Die gewählten Vertreter konnten sich der Anerkennung durch die Gemeindeorgane sicher sein, sodass viele Wünsche und Anregungen auch umgesetzt werden konnten. Jetzt sind die Gemeinden mit mehr als 1.000 ausländischen Einwohnerinnen und Einwohnern verpflichtet, einen Ausländerbeirat wählen zu lassen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dieser dann als ein „ungeliebtes Kind“ angesehen wird, was die Durchsetzung von Beschlüssen sicherlich erschwert. Umso wichtiger ist daher eine gute Öffentlichkeitsarbeit.
Rechtsweg für eine Beanstandung durch den Ausländerbeirat
Wenn er meint, von den Gemeindeorganen in seinen Rechten beschnitten worden zu sein, kann der Ausländerbeirat notfalls das Verwaltungsgericht anrufen. Sei es, dass er meint, nicht „rechtzeitig“ informiert worden zu sein oder dass es versäumt wurde, ihn in einer „wichtigen Angelegenheit“ zu hören. Bevor allerdings das Verwaltungsgericht angerufen werden kann, ist ein Rechtsweg vorgeschrieben.
Zunächst muss der Ausländerbeirat als Gremium beschließen, dass ein Fehlverhalten eines oder mehrerer Gemeindeorgane vorliegt. Dieser Beschluss wird dann dem Gemeindevorstand bzw. dem Magistrat übersandt. In Städten gibt es meist ein Rechtsamt oder einen Juristen im Hauptamt, der dann vom Bürgermeister mit der Prüfung der Angelegenheit beauftragt wird. Schließt sich der Jurist der Meinung des Ausländerbeirates an, ist der Gemeindevorstand gut beraten, den Beschluss erst auszuführen, wenn der Ausländerbeirat Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Liegt aber beispielsweise bereits ein Beschluss der Gemeindevertretung vor, ist der Bürgermeister gehalten, diesem zu widersprechen (§ 63 HGO).
Schließt sich das Rechtsamt bzw. der prüfende Jurist der Auffassung des Ausländerbeirates nicht an oder sieht der Bürgermeister bzw. Gemeindevorstand keine Notwendigkeit, dem Ausländerbeirat Gehör zu verschaffen, kann sich der Ausländerbeirat an die Aufsichtsbehörde wenden. Aufsichtsbehörde ist für alle hessischen Kommunen und Kreise – mit Ausnahme der Städte Frankfurt und Wiesbaden – der jeweilige Landrat bzw. Regierungspräsident. An diesen wenden sich auch kleinere Gemeinden, wenn sie kein Rechtsamt oder keinen Juristen haben. Die beiden genannten Städte unterliegen direkt der Aufsicht des Hessischen Innenministeriums. Stellt die Aufsichtsbehörde fest, dass der Ausländerbeirat zu Unrecht übergangen wurde, wird sie die Gemeinde anweisen, den Ausländerbeirat zu beteiligen.
Erst wenn auch die Aufsichtsbehörde die Beanstandung des Ausländerbeirats zurückweist, besteht die Möglichkeit der Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht. Man spricht in diesen Fällen von einem Organstreit. Hierbei ist es aber wichtig, dass sich der Ausländerbeirat richtig beraten lässt und den Rechtsweg nur als allerletztes Mittel
einschlägt.