Pressemitteilung des Vorstands des Kreisausländerbeirats vom 15. Januar 2008
Zu den ausländischen Tendenzen, die seit Ende Dezember im Hessischen Wahlkampf deutlich wurden, wollen wir nicht länger schweigen.
1999 kam die jetzige Mehrheit im Hessischen Landtag nach einer beispiellosen Kampagne gegen des "Doppelpass" an die Macht. Überall wurden Unterschriften gegen den "Doppelpass", in Wirklichkeit aber gegen Ausländer, gesammelt.
In der ersten Phase des Wahlkampfes für die Landtagswahlen am 27.01.08 schienen zuerst die Themen Mindestlöhne, Arbeitsplätze und Bildsungspolitik den Wahlkampf zu beherrschen. Als Umfragen jedoch zeigten, dass die jetzige Mehrheit die Wahlen verlieren könnte, wurde erneut die "Ausländerkarte" gezogen:
- Schüler und Schülerinnen mit Migrationshintergrund seien schuld an den mittelmäßigen Ergebnissen der Pisa-Studie
- Die Burka müsse an Hessischen Schulen verboten werden, verkündete Ministerpräsident Roland Koch, wobei es keine einzige Burka tragende Schülerin in Hessen gibt
- von Hausschlachtungen in der Badewanne moslemischer Familien war die Rede
Als der Wahlkampf nach Weihnachten in die heiße Phase trat, war das neue Thema "Zu viele junge ausländische Kriminelle", so die Schlagzeile der Bildzeitung vom 28.12.2007, Ministerpräsident Koch zitierend. Bundeskanzlerin Angela Merkel schloss sich Herrn Koch an. In allen Talkshows wurde über das Thema diskutiert.
Dem Kreisausländerbeirat geht es in keinem Fall darum, Gewalt, die von Jugendlichen mit Migrationshintergrund ausgeübt wird, zu verharmlosen, wir möchten aber entschieden der Meinung entgegentreten, Jugendkriminalität sei ein "Ausländerproblem", Gewaltbereitschaft sei sozusagen "importiert". Junge Leute wie S. und K. in München sind in Deutschland geboren und aufgewachsen, ihre Gewaltbereitschaft ist ein Produkt dieser Gesellschaft. Wer ständig von Ausweisung und Abschiebung spricht, signalisiert den deutschen Wählern und Wählerinnen, Gewalt könnte wieder "exportiert", ins Ausland entsorgt werden. So auch Innenminister Bouffier, als er einmal sagte: "Wer unsere Regeln nicht anerkennt, muss dahin gehen, wo seine Regeln gelten".
Jugendkriminalität ist kein ethnisches Problem, sondern ein soziales Problem.
Jugendliche aus unterprivilegierten Familien, die oft nur einen Hauptschulabschluss oder gar keinen Schulabschluss haben, können eher auf die schiefe Bahn geraten als gutsituierte. Es gibt gewaltbereite Jugendliche mit Migrationshintergrund, aber es gibt auch gewaltbereite deutsche Jugendliche. Jeden Tag werden Migranten und Migrantinnen auf offener Straße beschimpft und angegriffen. Zu solchen Vorfällen kam es in letzter Zeit auch im Landkreis Gießen. Darüber wird kaum informiert.
Politiker und Politikerinnen, die auf Ausländerfeindlichkeit setzen, um Stimmen zu fangen, sind gefährliche Populisten. Sie stärken die Rechtsradikalen, sie grenzen ganze Bevölkerungsgruppen aus, machen aus ihnen Verdächtige. Durch diese Kampagne wird die ganze Integrationsdebatte völlig unglaubwürdig.
Nicht Ausgrenzung, Diskriminierung, Gefängnisse und Erziehungscamps braucht die Jugend, sondern bessere Schulen, bessere Schulabschlüsse, Betreuung und Beratung duch Schulsozialarbeiter, Schulpsychologen, sie braucht Ausbildungsangebote, Freizeitangebote und Zukunftsperspektiven.