Von Aserbaidschanisch bis Yoruba/Afrika
Viele Hundert Menschen besuchten gestern die „Sprachenmesse“ - Ein Höhepunkt der Interkulturellen Woche
Gießen. In der Stadt Gießen leben Menschen aus 146 Nationen. Alle haben ihre eigene Sprache, regional verbreitete Dialekte kommen noch hinzu. Im Alltag nimmt man diese Vielfalt kaum wahr. Dabei prägen Sprachen den Zugang zur Welt und die verteilen Chancen. Wer sich verständigen kann, dem öffnen sich Türen, die anderen verschlossen bleiben. Dies klarzumachen und gleichzeitig vielen unterschiedlichen Kulturen und Sprachen eine Plattform zu geben, um sich darzustellen: Das war das Anliegen der jetzt erstmals ausgerichteten „Sprachenmesse“, die gestern im Rathaus und auf dem Vorplatz stattfand. Eingeladen hatte das Netzwerk Integration - ein Bündnis von Stadt, Landkreis, Ausländerbeiräten, Caritas, Diakonischem Werk und weiteren Einrichtungen. Schon zum Auftakt am Mittag kamen viele Hundert Besucher, um sich zu informieren oder einfach einmal „hineinzuschnuppern“.
Dass es eine Sprache namens Yoruba gibt, die in Nigeria, Benin und Togo verbreitet ist; dass „jemandem die Daumen drücken“ im Englischen in „cross one´s finger“ seine Entsprechung hat oder dass das Chinesische rund 87 000 Schriftzeichen aufweist, von denen im Alltag immer noch bis zu 5000 geläufig sind - dies und mehr erfuhren die Besucher an den Ständen, an denen sich knapp 40 Sprachen präsentierten. Aserbaidschanisch, das von über 50 Millionen Menschen gesprochen wird, war ebenso darunter wie das in Südostasien beheimatete, aber in lateinischen Buchstaben geschriebene Vietnamesisch. Wer sich solche Details merkte, war bestens für das Sprachenquiz präpariert, an dem jeder teilnehmen konnte und bei dem es kleine Preise zu gewinnen gab. Wer lieber gleich sprechen wollte, besuchte einen Minikurs, die unter anderem Türkisch, Italienisch, Arabisch oder auch Gebärdensprache angeboten wurden.
Vertreten waren zudem überregionale Einrichtungen wie der Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung - er verwies auf die Hilfen für „Lese- und Schreibunkundige“, die sich keineswegs nur an eine kleine Minderheit wenden; allein in Deutschland soll es rund 7,5 Millionen Erwachsene geben, die nicht richtig oder gar nicht lesen und schreiben können. Die Justus-Liebig-Universität warb für ihre Starthilfen für ausländische Studierende, etwa die im Akademischen Auslandsamt durchgeführten Sprachkurse. Tipps gab es zudem in rechtlichen Fragen, etwa zum Einbürgerungstest (Welche Fragen sind zu erwarten? Was kostet er?) oder zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Das begleitende Kulturprogramm bot unter anderem zweisprachig Lesungen, Märchen der Brüder Grimm in norddeutschem Platt sowie Pantomime, Tanz und einen Percussion-Auftritt.
Die Dezernenten Astrid Eibelshäuser (Stadt) und Dirk Hass (Landkreis) freuten sich über das große Interesse an der Veranstaltung. Sie sei ein Höhepunkt im Rahmen der Interkulturellen Woche, in der die Sprachenmesse stattfand, betonten beide.
Gießener Allgemeine Zeitung, 28.09.2012