Giessener Allgemeine Zeitung, 07.10.2009
Sozialarbeit an Schulen braucht Energie, Zeit und Geduld
Gießen/Lich (hin). In relativ kleiner Runde - das Gremium war nicht beschlussfähig - erörterte der Kreis-Ausländerbeirat am Dienstag im Bürgerhaus Lich zwei Themen, die unter den Anwesenden auf großes Interesse stießen. So ging es zum einen um die Sozialarbeit an den Schulen des Landkreises Gießen. Dieses weitereichende Themenfeld soll mit weiteren Akteuren zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal aufgegriffen werden. Zudem ging es an diesem Abend um die aufsuchende Sozialarbeit am Beispiel der Stadt Lich und in der Person von Jürgen Otto.
Ingrid Hubing, Direktorin der Dietrich-Bonhoeffer-Schule in Lich, berichtete von den Aufgaben des seit März bei ihr tätigen Sozialarbeiters. Dazu gehören Frühaufsicht und erlebnisorientierte Projekte, aber auch die Mitbetreuung eines so genannten »Trainingsraums«, in dem auffällige Schüler ihr Verhalten überdenken können. Nach einer Auszeit kehren sie in den Unterricht zurück. Getragen wird die Stelle vom Diakonischen Werk. Für die SchuB-Klassen gibt es eine eigene Sozialarbeiterin.
Hubing betonte, dass Sozialarbeiter, anders als Lehrer, keine Beurteilung vornähmen. Insofern würden sie von den Schülern in besonderer Weise als Vertrauensperson akzeptiert. Wichtig sei, sowohl männliches als auch weibliches Personal zur Verfügung zu haben.
Der »Trainingsraum« ist täglich von der dritten bis zur sechsten Stunde besetzt. Jedwede Personalaufstockung würde dankbar begrüßt. Den Trainingsraum bezeichnete Hubing als »Tropfen im Prozess der Erziehung«.
Karla Freund, Sozialarbeiterin an der Aliceschule in Gießen, berichtete von langjährigen Erfahrungen mit BVJ- und EIBE-Klassen. Schwerpunkt ihrer Arbeit sei die sozialpädagogische Betreuung an der Schnittstelle zwischen Schule und Beruf und die damit verbundene Netzwerkbildung. Gabriela Mauermann (Clemens-Brentano-Europa-Schule, Lollar) bezeichnete es als grundlegend, den Schülern ein Gefühl der Wertschätzung zu vermitteln. Das aber brauche Zeit und Geduld. An der CBES teilen sich vier Lehrer die Aufgaben der Schulsozialarbeit. Unterstützt werden sie von zwei Berufseinstiegsbegleiterinnen und von Selma Bahcivan, die neben der Schulsozialarbeit als kommunale Integrationsbeauftragte tätig ist. Gerade die Tätigkeit Bahcivans könne nicht hoch genug eingeschätzt werden, betonte Mauermann. Die CBES hat einen hohen Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund. Bahcivan sei in der Lage, Probleme sowohl sprachlich als auch kulturell zu »übersetzen« und zu entschärfen. Mauermann hob hervor, dass Schulsozialarbeit eine spezielle Ausbildung erfordere, um pädagogischen oder therapeutischen Ansätzen gerecht zu werden. Sie erinnerte an das niedrige Anfangsgehalt von Sozialarbeitern. Es sei schwierig, »in der zweiten Runde« noch qualifiziertes Personal zu bekommen.
Weiterer Bericht folgt.