Volker Bouffier für "klares Bekenntnis gegen Intoleranz"
Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte Hessen tagt im Gießener Rathaus
GIESSEN (olz). Zum Auftakt der Feierlichkeiten anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des städtischen Ausländerbeirats traf sich die Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte Hessen (agah) im Beisein von Ministerpräsident Volker Bouffier zu einer Plenarsitzung. Im Zentrum der Tagung, zu der Delegierte aus ganz Hessen gekommen waren, standen die aktuellen Entwicklungen des rechtsradikalen Terrors in Deutschland.
„Heute ist die Politik ernsthaft erschrocken, auch über das klägliche Versagen staatlicher Institutionen“, sagte agah-Vorsitzender Corrado Di Benedetto. Gleichzeitig halte sich der Schrecken der Bevölkerung jedoch in Grenzen. Es sei grundfalsch, angesichts sich wiederholender Hetze immer nur eine Bringschuld von Migranten einzufordern. Vielmehr müsse Integration auch die einheimische Bevölkerung einbinden. „Immer wieder sind wir damit auf Granit gestoßen, das kann so nicht mehr bleiben“, unterstrich Di Benedetto, der darauf hinwies, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit keine Randerscheinungen in rechten Cliquen seien, sondern sich in der Mitte der Gesellschaft fänden. Das müsse sich jeder bewusst machen, um „dieses Krebsgeschwür zu beseitigen“.
„In Gießen werden Toleranz und Aufgeschlossenheit gelebt“, erklärte Bürgermeisterin Gerda Weigel-Greilich (Grüne). Sie wies in ihrem Grußwort darauf hin, dass es in Gießen keine rechtsradikalen Parteien oder Übergriffe gebe und sich die Bürger erst in diesem Jahr erfolgreich gegen eine NPD-Demonstration gewehrt hatten. „In Gießen haben Nazismus und Fremdenfeindlichkeit keine Chance“, resümierte die Bürgermeisterin. Zugleich berichtete sie, dass das Gießener Stadtparlament auf Antrag der rot-grünen Koalition demnächst über ein Antragsrecht des Ausländerbeirats im Parlament beschließen wird. Auch vom Land Hessen verlangte Sarah Stefanos, Vorsitzende des Gießener Beirats, entsprechende Partizipationsrechte, bevor Ministerpräsident Volker Bouffier Stellung zu den rechtsradikalen Entwicklungen in Deutschland nahm. „Die gemeinsame Zukunft erfordert ein klares Bekenntnis gegen Intoleranz und Diskriminierung“, sagte der Ministerpräsident. Ausländerfeindlichkeit könne keine Regierung dulden, doch sei es nicht so, dass sich der Extremismus in der Mitte der Gesellschaft finde. Millionen von Menschen stünden hinter den Migranten. „Das war ein Angriff auf alle, und alle werden ihn entschlossen zurückweisen“, betonte Bouffier mit Blick auf den rechtsradikalen Terror und seine Opfer. Der CDU-Politiker forderte ein Land, in dem Menschen ohne Angst und mit Chancen leben könnten, zeigte sich jedoch skeptisch hinsichtlich eines NPD-Verbotsverfahrens.
„Ich wäre froh, wir könnten die NPD verbieten“, so Bouffier, der jedoch auf die Schwierigkeiten eines solchen Verfahrens hinwies. Auch seien mit dem Verbot die Probleme nicht gelöst. „Es darf kein Beschränken auf Symbolakte geben“, erläuterte der Ministerpräsident. Sollte sich jedoch herausstellen, dass es einen Zusammenhang zwischen der NPD und dem Terror gebe, sei die Ausgangsbasis eine andere. Doch das Verfahren, das Jahre dauere, erledige andere Anstrengungen und ständige Bemühungen nicht, betonte der Christdemokrat, der in diesem Kontext mit Blick auf Hessen deutlich machte: „Es gibt kein anderes Land, das so erfolgreiche Integrationspolitik betreibt.“ Di Benedetto pflichtete bei und verwies auf sehr gute hessische Ansätze, nicht ohne zu erklären, dass es noch ein langer Weg bis zur Gleichberechtigung sei. Nach der Diskussion, bei der es zwischen Delegierten der agah und dem Ministerpräsidenten durchaus Kontroversen gab - beispielsweise hinsichtlich der Öffnung des Kommunalwahlrechts für Nicht-EU-Bürger, die ohne deutsche Papiere in Deutschland leben -, standen Ehrungen an. Für langjähriges Engagement beim städtischen Ausländerbeirat wurden Mostafa Farman, Zeynal Sahin und Marcell Dossou ausgezeichnet. Vom Kreisausländerbeirat wurden Francoise Hönle und Maria Alves geehrt.
Außerdem wurde eine Resolution beschlossen, die fordert, die Bekämpfung von Rassismus, Diskriminierung und Rechtsextremismus zur Chefsache zu machen und beispielsweise Programme gegen Rassismus und Antisemitismus einzurichten.
Giessener Anzeiger , 05.12.2011