"Ein wichtiges integrationspolitisches Signal"
Staatssekretär Helge Braun (CDU) stellte beim Kreis-Ausländerbeirat Anerkennungsgesetz vor - Individuelle Beratung
Gießen (pm). Wie geht Deutschland mit ausländischen Berufsabschlüssen um? Diese Frage stand jüngst im Mittelpunkt eines Vortrages des Parlamentarischen Staatssekretärs und heimischen Bundestagsabgeordneten Dr. Helge Braun (CDU) beim Kreis-Ausländerbeirat. Beiratsvorsitzender Tim van Slobbe aus Pohlheim freute sich über ein breites Interesse über den üblichen Gästekreis hinaus. Der Gießener Politiker nannte das Anerkennungsgesetz „in zweierlei Hinsicht von großer Bedeutung: Zum einen hilft es, dem Fachkräftemangel zu begegnen. Und zum anderen ist es ein wichtiges integrationspolitisches Signal.“ Wer jemandens Berufsabschluss nicht anerkenne, der missachte „einen Teil von dessen Identität“, unterstrich der Abgeordnete in aller Deutlichkeit.
Zunächst erläuterte Braun die Regelungen des Gesetzes und den Ablauf des Anerkennungsverfahrens. Daraus ergaben sich zahlreiche Nachragen und eine muntere Diskussion, in der - neben der Anerkennung der Abschlüsse - die Bedeutung der deutschen Sprache für den Zugang zum Arbeitsmarkt und diskriminierungsfreie Bewerbungsverfahren thematisiert wurden, etwa die anonyme Bewerbung.
Dr. Braun nannte ein Beispiel: „Ein türkischer Industriemechaniker, der hier Taxi fährt, weil man seinen Abschluss nicht anerkennt - das soll es in Zukunft nicht mehr geben.“ Das neue Gesetz richte sich gleichermaßen an Zugewanderte, die in Deutschland leben, wie an Fachkräfte im Ausland, die Interesse an Arbeit in Deutschland haben.
Rund 285 000 Menschen lebten in Deutschland, deren Berufsabschlüsse nun anerkannt werden könnten, „wenn sie klare Kriterien erfüllen“, hieß es. Darunter seien 16 000 mit Hochschulabschluss, 23 000 mit Meister-/Techniker- oder Fachschulabschluss sowie
246 000 Abschlüsse aus beruflicher Lehre oder anderen Berufsqualifikationen.
Anfang April war nach fast zweijähriger Erarbeitung und Beratung das Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikation in Kraft getreten. Braun hatte es als Staatssekretär im Ministerium für Bildung und Forschung mitgestaltet und bei den parlamentarischen Beratungen begleitet.
Rechtsanspruch auf ein Verfahren
Es biete, so wurde gesagt, „eine neue Hoffnung für diejenigen, die im Ausland einen Abschluss erworben haben, der bisher aufgrund der schwierigen und zum Teil unklaren Verfahrenswege keine Anerkennung in Deutschland erhalten hat.“ Neu sei auch, dass diejenigen, die keine Anerkennung bekommen könnten, künftig Bescheid über die wesentlichen Unterschiede erhielten, um zu sagen, welche ergänzenden Qualifikationen für eine spätere Anerkennung nötig seien.
Ein „Meilenstein für die Bewertungspraxis in Deutschland“ sei die Einführung eines Rechtsanspruchs auf ein Bewertungsverfahren für die rund 350 Ausbildungsberufe im dualen System. Die Frage, ob die mitgebrachte Qualifikation gleichwertig ist, werde „nach einheitlichen Kriterien und nach einem einheitlich geregelten Verfahren beurteilt“. Dies schaffe größtmögliche Transparenz für Antragsteller, Arbeitgeber und Behörden.
Klare Fristen für die Verfahrensdauer sorgten zudem dafür, dass die Anerkennung nach einer Erprobungsphase nicht mehr zu Hängepartie werden könne.
Zum Ende der Veranstaltung im Landratsamt am Riversplatz macht Braun noch ein Angebot: Betroffenen in seinem Wahlkreis bietet er Informationsgespräche an, um sie über individuelle Möglichkeiten einer Anerkennung zu informieren. Terminvereinbarungen telefonisch unter 0641/41056.
Internet: www.anerkennung-in-deutschland.de
Giessener Allgemeine Zeitung, 25.05.2012