Bei wiederholten Beschwerden hellhörig werden
Sitzung des Ausländerbeirates - Migranten berichteten von Erfahrungen mit Kreisbehörden
Gießen (hin). Aufgrund von Erkrankungen hatten einige Mitglieder nicht kommen können. Die Sitzung des Kreisausländerbeirats am Dienstagabend im Konferenzraum der Kreisverwaltung am Riversplatz fand deshalb in relativ kleinem Rahmen statt, war zudem nicht beschlussfähig. Im Mittelpunkt der Sitzung stand ein Austausch über die Erfahrung von Migrantinnen und Migranten mit den Kreisbehörden. Stellvertretender Vorsitzender Serdar Isik leitete die Sitzung. Francoise Hönle (Internationale Liste) gab an, dass Behördengänge etwa in den 1970er Jahren schlimmer gewesen seien als heute, dennoch sei der Ton den Migranten und Migrantinnen gegenüber häufig kritikwürdig. Ein junger Mann beispielsweise, der seinen Ausweis abholen wollte, habe, um sich bemerkbar zu machen, an eine Tür geklopft. Ihm war zuvor gesagt worden, dass er ohne Termin vorsprechen könne. Eine Sachbearbeiterin hörte das Klopfen und schrie den jungen Mann auf eine Weise an, dass er die Flucht ergriff, berichtete Hönle. Sie betonte den guten Kontakt zur Leitung der Ausländerbehörde. Einige Mitglieder des Teams allerdings verhielten sich in inakzeptabler Weise, so die frühere Beiratsvorsitzende. Rasim Azim (Aktive interkulturelle Liste) bestätigte Hönles Erfahrungen, ebenso Ludmilla Antonov (Internationale Liste). Antonov berichtete von einer 58-jährigen Frau, der im Jobcenter angeboten worden sei, ein Freiwilliges soziales Jahr zu absolvieren. Sie kritisierte, dass kein passgenaues Angebot unterbreitet worden sei. Anwesende Mitglieder von im Kreistag vertretenen Parteien hinterfragten die geschilderten Situationen, teils Probleme bestätigend, teils überlegend, ob schlicht und einfach gesetzliche Vorgaben umgesetzt worden seien, wenn auch vielleicht wenig flexibel und in ungeeignetem Tonfall. Gülsen Arslan (Internationale Liste) betonte, dass nur kompetente Mitarbeiter eingesetzt werden sollten und nicht solche, »die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben«. Maria Alves (Internationale Liste) warnte davor, schlechte Erfahrungen zu verallgemeinern. Serdar Isik und Geschäftsführerin Marketa Roska setzten auf Gespräche, um Kritikpunkte auszuräumen. Edin Muharemovic (Aktive interkulturelle Liste) erklärte sich einzelne Unfreundlichkeiten von Sachbearbeitern mit Arbeitsüberlastung. Francoise Hönle wünschte sich Arbeitsabläufe, bei denen vorab geklärt werde, welche Stelle zuständig sei, um Behördengänge zu erleichtern. Serdar Isik sagte, dass manche der angesprochenen Probleme alle Bürger beträfen und nicht nur Migranten. Bei wiederholten Beschwerden müsse man jedoch hellhörig werden, meinte Isik.
Gießener Allgemeine 01.03.2013