Schonfrist für Altfälle verlängern
Kreis-ausländerbeirat beschäftigte sich mit Bleiberecht und neuem Netzwerk
Gießen/Lollar (hin). Die Bleiberechtsregelungen und die daraus erwachsenen Zukunkftsperspektiven beschäftigten den Kreis-Ausländerbeirat am Dienstag in der Clemens-Brentano-Europa-Schule. Zunächst gab Bernd Carlé, Leiter der Kreis-Ausländerbehörde, detaillierte Antworten auf einige ihm im Voraus zugestellte Fragen. Aus den sich anschließenden Diskussionsbeiträgen erschlossen sich weitere Details, die im Einzelnen verfolgt werden sollen, um auch hier zu akzeptablen Lösungen zu kommen. Katja Ossenkop und Christoph Rettler informierten abschließend über das Netzwerk "BLEIB in Mittelhessen".
Mit dem Antrag auf Bleiberecht wird gefordert, in relativ kurzer Zeit sowohl die vollständige Sicherung des Lebensunterhalts als auch das Erlernen der deutschen Sprache zu gewährleisten. Beides ist für Menschen, so hieß es, die zuvor - isoliert - in Flüchtlingsunterkünften lebten, nicht einfach. Die Wirtschaftskrise und die daraus resultierende Situation auf dem Arbeitsmarkt kommen erschwerend hinzu. Vor diesem Hintergrund fordert der Ausländerbeirat, die Frist für die gesetzliche Altfallregelung zu verlängern. Anderenfalls, so die Befürchtung des Gremiums, könnte eine hohe Anzahl von Personen in die Duldung und damit in die Perspektivlosikgeit zurückfallen. Der Beschluss des Beirats richtet sich an die politischen Parteien im Landkreis, aber auch an deren Abgeordnete im Bundestag. Landratskandidatin Anita Schneider, die neben mehreren Kreistagsmitgliedern an der Sitzung teilnahm, versprach, darüber mit dem SPD-Abgeordneten Rüdiger Veit zu reden.
Im Landkreis Gießen (ohne Universitätsstadt) wurden laut Carlé 340 Anträge auf Bleiberecht gestellt. Allerdings seien die Zahlen mit Vorsicht zu genießen: Durch Überschneidung zweier Beschlussgrundlagen - Bundesinnenministerkonferenz und gesetzliche Altfallregelung - könnten die Statistikken ein schiefes Bild zeigen. In neun Fällen wurde der Antrag zurückgenommen, weil Voraussetzungen nicht erfüllt waren, zudem gab es eine Ablehnung wegen Extremismusbezugs. Ende 2009 werden alle angenommenen Anträge erneut daraufhin geprüft, ob die Kriterien für ein Bleiberecht efüllt sind. Dann entscheidet sich, wer bleiben darf und wer nicht. Carlé betonte, jedweder Spielraum zu Gunsten der Antragseteller werde genutzt, sagte aber auch, wo die Grenzen liegen. Bis zur endgültigen Entscheidung wird die "Auftenthaltserlaubnis" auf Probe" in eine Duldung umgewandelt. Dies aber, befürchtete Beiratsvorsitzende Françoise Hönle, könnte beispielsweise eine Streichung des Kindergelds bewirken, was wiederum, so Tim van Slobbe (Internationale Liste), den Nachweis der Sicherung des Lebensunterhalts beeinflussen würde.
"BLEIB in Mittelhessen" ist ein Netzwerk zur beruflichen Eingliederung und Integraiton für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge. Getragen wird es von fünf in der Region verankerten Trägern, gefördert vom Sozialfonds der Europüäischen Union und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Nähere Informationen über "BLEIB in Mittelhessen" gibt es unter Telefon 06421/8733328. Jeweils montags ab 12 Uhr(Lonystraße 13, Büro Pfarrer Wilhelmy) ist "BLEIB in ittelhessen" vor Ort in Gießen zu erreichen (Terminabsprache!).
Aus: Giessener Allgemeine Zeitung vom 30.04.2009, S. 37